Regulation der Knospung von retrograden Transportvesikeln in der Hefe Saccharomyces cerevisiae
Forschungsbericht (importiert) 2004 - Max-Planck-Institut für Biologie Tübingen
Autoren
Spang, Anne
Abteilungen
Hefe und Würmer: Modellsysteme für intrazellulären Transport (MPG) (Dr. Anne Spang) Friedrich-Miescher-Laboratorium für biologische Arbeitsgruppen in der MPG, Tübingen
Zusammenfassung
Membran- und Proteintransport sind essenzielle Vorgänge in der Zelle. Die meisten Organellen innerhalb einer Zelle sind von Membranen umgeben, die das unkontrollierte Vermischen deren Inhalts mit dem Cytoplasma verhindern sollen. Die Kommunikation zwischen verschiedenen Organellen wird durch Membranhohlkugeln, so genannte Vesikel, vermittelt. Wir untersuchen die Regulation von Protein- und Membrantransport in verschiedenen Organismen. In der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae beschäftigen wir uns hauptsächlich mit dem Lebenszyklus eines Transportvesikels, das am Golgi-Apparat gebildet und mit dem endoplasmatischen Retikulum verschmelzen wird. Dahingegen untersuchen wir im Fadenwurm Caenorhabditis elegans, wie Membranen in die Teilungsebenen während der Cytokinese transportiert werden. Die Cytokinese stellt den letzten Schritt in der Zellteilung dar: Nachdem die DNA gleichmäßig auf zwei Pole in der Zelle verteilt wurde (in der Mitose), wird neue Membran an der Plasmamembran zwischen den beiden Polen eingefügt. Diese neue Membran teilt dann den Zellinhalt, wobei zwei Zellen erhalten werden.
Transportvesikel befördern lösliche und Membran-Proteine zwischen den verschiedenen, für die Sekretion wichtigen Kompartimenten in der eukaryotischen Zelle. Um ein Transportvesikel herzustellen, binden Hüllproteine (coat-Proteine) an die Donormembran und deformieren die Membran derart, dass sich eine Knospe bildet. Die zu transportierenden Proteine (Cargo) werden dann spezifisch in die entstehenden Vesikel aufgenommen. Anschließend trennen sich die Vesikel von der Donormembran und bewegen sich eine bestimmte Entfernung, bis sie mit der Akzeptororganelle verschmelzen.
Zum Zeitpunkt der Knospung der Vesikel müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit sich ein funktionelles Vesikel bilden kann (Abb. 1): 1) Die verschiedenen intrazellulären vesikulären Transportsysteme benutzen verschiedene Hüllproteine. Daher muss sichergestellt werden, dass die richtigen cytosolischen Hüllproteine an die Donormembran binden. 2) Die Transportvesikel müssen bestimmte Membranproteine bzw. Transportfaktoren beinhalten, die für einen späteren Schritt (z. B. die Vesikelfusion) essenziell sind. Diese Proteine müssen mit großer Sicherheit in die Vesikel rekrutiert werden. 3) Cargo-Proteine müssen erkannt und in die knospenden Vesikel einverleibt werden.
Wie bilden sich die Vesikelhüllen auf der Donormembran? Beeinflussen Transportfaktoren und Cargo diesen Prozess? Diese und weitere Fragen versuchen wir zurzeit zu beantworten.
Unser aktuelles Modell, wie Vesikelbildung am cis-Golgi ablaufen könnte.
Im ersten Schritt wird die kleine GTPase Arf1p (rotes Oval) mittels des ARF-spezifischen Guanin-Nukleotid Austauschfaktors (GEF, grünes Oval) an die Golgi-Membran rekrutiert. Dabei findet die Aktivierung der kleinen GTPase statt, weil durch das GEF das im inaktiven Zustand gebundene GDP durch GTP ersetzt wurde. Zur gleichen Zeit induziert ein ARF-GTPase aktivierendes Protein (ARF-GAP, braunes Oval) eine Konformationsänderung in SNARE Proteinen (blaue Rechtecke), um so die Aufnahme in COPI Vesikel zu ermöglichen.
Im zweiten Schritt interagiert das aktivierte Arf1p mit den SNAREs, während der Hüllproteinkomplex Coatomer (silbriger Balken) und das ARF-GAP unterschiedliche Fracht (braunes Rechteck, goldener Stern, grünes Dreieck) zur Knospungstelle bringen, damit sie in Vesikel aufgenommen werden. Fracht, die sich im Innern des Organells befindet, wird mit Hilfe eines Cargo-Rezeptors (braunes Rechteck mit blauem Oval) transportiert. Die Knospungstelle für das neue Vesikel wird durch die SNAREs, Arf1p, ARF-GAP und Coatomer gebildet.
Durch das Eindiffundieren der Fracht-Hüllprotein Komplexe können die Hüllproteine lateral polymerisieren. Diese Polymerisation führt zur Krümmung der Membran, die dann schließlich zur Bildung einer Knospe und nach deren Abschnürung zu einem Transportvesikel führt. Das bedeutet, dass den SNARE Proteinen, wie auch der Fracht, eine regulatorische Rolle in der Vesikelbildung zukommt.
Proteine, die ständig im Golgi Apparat sind, können nicht in die Knospungstelle diffundieren, sie werden im Golgi Appart zurückgehalten (beiges Oval).
Unser aktuelles Modell, wie Vesikelbildung am cis-Golgi ablaufen könnte.
Im ersten Schritt wird die kleine GTPase Arf1p (rotes Oval) mittels des ARF-spezifischen Guanin-Nukleotid Austauschfaktors (GEF, grünes Oval) an die Golgi-Membran rekrutiert. Dabei findet die Aktivierung der kleinen GTPase statt, weil durch das GEF das im inaktiven Zustand gebundene GDP durch GTP ersetzt wurde. Zur gleichen Zeit induziert ein ARF-GTPase aktivierendes Protein (ARF-GAP, braunes Oval) eine Konformationsänderung in SNARE Proteinen (blaue Rechtecke), um so die Aufnahme in COPI Vesikel zu ermöglichen.
Im zweiten Schritt interagiert das aktivierte Arf1p mit den SNAREs, während der Hüllproteinkomplex Coatomer (silbriger Balken) und das ARF-GAP unterschiedliche Fracht (braunes Rechteck, goldener Stern, grünes Dreieck) zur Knospungstelle bringen, damit sie in Vesikel aufgenommen werden. Fracht, die sich im Innern des Organells befindet, wird mit Hilfe eines Cargo-Rezeptors (braunes Rechteck mit blauem Oval) transportiert. Die Knospungstelle für das neue Vesikel wird durch die SNAREs, Arf1p, ARF-GAP und Coatomer gebildet.
Durch das Eindiffundieren der Fracht-Hüllprotein Komplexe können die Hüllproteine lateral polymerisieren. Diese Polymerisation führt zur Krümmung der Membran, die dann schließlich zur Bildung einer Knospe und nach deren Abschnürung zu einem Transportvesikel führt. Das bedeutet, dass den SNARE Proteinen, wie auch der Fracht, eine regulatorische Rolle in der Vesikelbildung zukommt.
Proteine, die ständig im Golgi Apparat sind, können nicht in die Knospungstelle diffundieren, sie werden im Golgi Appart zurückgehalten (beiges Oval).
Regulation der Vesikelbildung und beteiligte Schlüsselproteine
Vesikel, die in frühe Transportschritte (z.B. zwischen ER und Golgi-Apparat) involviert sind, haben entweder einen COPI oder COPII coat (COP steht für coat protomer). Die COPI-Hülle besteht aus einem heptameren Proteinkomplex (α-, β-, β'-, ∂-, ε-, γ-, ζ-coat) von etwa 700 kDa und der kleinen GTPase Arf1p. Zu den COPII-Komponenten zählen zwei Heterodimere (der Sec23/24- und der Sec13/31-Komplex) sowie die kleine GTPase Sar1p. Während die COPI- und die COPII- Hülle für den anterograden Transport (Vorwärtstransport vom ER zum und durch den Golgi-Apparat) gebraucht werden, hängt der retrograde Transport (Rücktransport vom Golgi-Apparat zum ER) nur von den COPI-Hüllproteinen ab.
Um die Regulation der Knospung von Transportvesikeln besser zu verstehen, versuchen wir die verschiedenen Schritte, die zu einem Vesikel führen, in vitro nachzustellen. So wurde bereits gezeigt, dass Vesikel durch Inkubation von synthetischen, chemisch-definierten Liposomen mit gereinigten COPI-Hüllproteinen, der kleinen GTPase Arf1p und Nukleotiden gebildet werden konnten [1]. Diese artifiziellen Vesikel hatten die gleiche Größe wie die natürlichen Vesikel, was bedeutet, dass die Hüllproteine für die Größe der Vesikel verantwortlich sind. Obwohl diese künstlichen Transportcontainer ohne Cargo oder andere Membranproteine entstanden sind, bedeutet dies nicht, dass auch in vivo „leere“ Vesikel vorkommen. Daher wollen wir als Nächstes zeigen, dass Transportfaktoren, die für die Verschmelzung des Vesikels mit der Akzeptormembran benötigt werden, in Vesikel eingeschlossen werden, indem sie die Kospungsstelle markieren. So führt die Erhöhung der Bindestellen für Hüllproteine zu einer vermehrten Vesikelbildung [2].
Eine weitere Stufe der Regulation bietet die Aktivierung und Rekrutierung der kleinen GTPase Arf1p zur Donormembran. Dieser Prozess wird durch einen so genannten Guanin-Nukleotid-Austauschfaktor (GEF) gesteuert. Außerdem benötigt Arf1p ein weiteres Protein zur Stimulierung der Aktivität, ein so genanntes GTPase aktivierendes Protein (ARF-GAP). Wir untersuchen, wie die beiden Regulatorproteine selber gesteuert werden, um zu einem besseren Verständnis des räumlichen und zeitlichen Ablaufs der Knospung von Vesikeln zu gelangen. Wir konnten zeigen, dass ARF-GAP nicht nur wichtig für die Stimulierung der GTPase-Aktivität von Arf1p ist, sondern auch bei der Knospung von Vesikeln und der Aufnahme von Transportfaktoren eine essentielle Rolle spielt [3, 4]. Arf1p hat viele Funktionen in der Zelle, und es sind natürlich auch Regulatorproteine wie GEFs und GAPs bekannt. Allerdings reichen die bekannten, interagierenden Proteine nicht aus, um die zeitliche und räumliche Regulation zu erklären. Daher haben wir auf biochemischem Weg neue Interaktoren gesucht. Die Charakterisierung dieser neuen Arf1p interagierenden Moleküle wird uns noch eine Weile beschäftigen. Bisher konnten wir für Arf1p und die COPI-Vesikel eine Rolle im mRNA Transport in der Zelle nachweisen [5]. Das Ausmaß dieser Beobachtung wird in unserer Arbeitsgruppe weiter untersucht.
Wir determinieren nicht nur die direkte Interaktion zwischen verschiedenen, am Transport beteiligter Proteine, sondern stellen auch den Vorgang des retrograden Transports vom Golgi zurück in das endoplasmatische Retikulum im Reagenzgefäß nach [6]. Dieser Transportassay erlaubt uns, komplexe Interaktionen und Regulationsmechanismen im Einzelnen zu untersuchen. Wir konnten z.B. kürzlich zeigen, dass es einen bislang unbekannten Mechanismus gibt, der verhindert, dass ein Vesikel mit der Membran desjenigen Kompartiments verschmilzt, von dem es gebildet wurde [7].
Experimente mit Caenorhabditis elegans
Des Weiteren untersuchen wir in der Arbeitsgruppe die Fusion von Transportvesikeln mit Akzeptormembranen, sowohl im retrograden Transport vom Golgi zum ER als auch bei der Zellteilung während der Cytokinese. Für das letztere Projekt benutzen wir den Nematoden Caenorhabditis elegans als Modellorganismus. Um diese Untersuchungen durchführen zu können, stellen wir transgene Würmer her, die jeweils ein GFP-Fusionsprotein exprimieren, das spezifisch für ein Organell in der Zelle ist (GFP: green fluorescent protein). Der erste transgene Wurm exprimiert ein ER-residentes, GFP-markiertes Protein in seinen Eizellen ([8] und Abb. 2). Somit wird in unserer Arbeitsgruppe der komplette „Lebenszyklus“ eines Vesikels von der Enstehung bis zur Verschmelzung mit der Zielmembran erforscht.
Aufnahme von drei Eizellen von Caenorhabdidtis elegans in utero. Das ER ist mit einem ER-residenten GFP-Fusionsprotein markiert. Die drei Eizellen stellen unterschiedliche Entwicklungstadien dar: Unteres Ei: nach der Verschmelzung von maternalem und paternalem Kern; mittleres Ei: die Mitose des ersten Zellzyklus; oberes Ei: beginnende Mitose der beiden Zellen des Embryos.
Aufnahme von drei Eizellen von Caenorhabdidtis elegans in utero. Das ER ist mit einem ER-residenten GFP-Fusionsprotein markiert. Die drei Eizellen stellen unterschiedliche Entwicklungstadien dar: Unteres Ei: nach der Verschmelzung von maternalem und paternalem Kern; mittleres Ei: die Mitose des ersten Zellzyklus; oberes Ei: beginnende Mitose der beiden Zellen des Embryos.